Lang, länger, Daubenhorn

Manche Traditionen kann man vielleicht in Frage stellen. Unsere Geburtstage in den Bergen zu verbringen, das wollen wir jedoch gerne zu einer Tradition machen und waren damit in den letzten Jahren durchaus erfolgreich. Während wir Alex' Geburtstag am liebsten mit einer Skitour krönen, unternehmen wir an meinem Geburtstag lange Bergwanderungen, Hochtouren oder einen Klettersteig- Hauptsache Bergerlebnis mit Panorama und sportlicher Herausforderung.



So steht bei der Terminfindung mit Freunden für ein Wochenende, um den längsten Klettersteig der Schweiz zu machen, mein Geburtstagswochenende schnell fest. Am Donnerstagmittag starten wir insgesamt zu sechst, verteilt auf zwei Autos, die Fahrt über Kandersteg nach Wiler, im magischen Lötschental im Kanton Wallis gelegen. Das Wetter ist unbeständig mit starken Regengüssen, doch die Aussichten fürs Wochenende sind gut. Schon die Anreise mit dem Autozug und der Fahrt hoch nach Wiler in die Berghütte ist ein tolles Erlebnis. Von der Hütte genießt man einen großartigen Fernblick Richtung Bietschhorn, blickt auf das Gletschertal im Talschluss und auf das Weisshorn im Südwesten. 

Das Weißhorn leuchtet am Abend.

Um den runden Geburtstag (ja, jetzt hab ich auch eine 3 vorne 😉) nicht sang- und klanglos zu starten, gibt es noch ein Glas Sekt, bevor wir müde von der Fahrt ins Bett fallen. Der nächste Tag beginnt mit schönem Wetter, gutem Frühstück und tollen Geschenken. Dann geht es auch schon los. Für heute haben wir uns eine Probetour vorgenommen. Wir wollen nach Leukerbad fahren, von dort zum Einstieg des Gemmi Klettersteigs am Daubenhorn laufen, um diese Tour für den Folgetag kennenzulernen. So können wir auch besser abschätzen, wie viel Zeit der Zustieg in Anspruch nimmt. Alternativ kann man mit der Bergbahn hinauffahren und ca. eine halbe Stunde zum Einstieg des Klettersteigs hinabwandern. Die Fahrt nach Leukerbad dauert ca. eine Stunde. Am Parkplatz der Bergbahn starten wir den Aufstieg. Es sind etwa 600 Höhenmeter und eine Stunde und fünfzehn Minuten Gehzeit, bis wir am Einstieg des Daubenhorn-Klettersteigs stehen. Für diesen Tag belassen wir es dabei und wandern vollends die letzten paar Höhenmeter bis zur Bergstation hinauf. Nach einem ausgiebigen Vesper wagen wir uns in den Erlebnisklettersteig. Dieser sollte ein gutes Einklettern für den nächsten Tag bieten. So „langweilig“, wie wir uns den Steig vorgestellt haben, ist er dann doch nicht. Im Gegenteil, er ist recht anspruchsvoll, da er größtenteils sehr ausgesetzt ist und hier und da mit Elementen aus dem Hochseilgarten bestückt ist. Nach dem Steig wandern wir wieder hinab zum Auto, werfen den Blick nochmal an die Wand unterhalb des Daubenhorn und fahren zur Hütte zurück. Der Plan für morgen steht!









Wir wollen noch vor der ersten Gondel um acht Uhr zum Einstieg des Klettersteigs wandern, dann die ca. sechs Stunden Klettersteig hoch bis aufs 2942 Meter hohe Daubenhorn klettern, um dann noch genügend Zeit für den Abstieg zu haben und optional um 18 Uhr die letzte Talfahrt der Bergbahn zu erwischen. So lassen wir den Freitag gemütlich ausklingen und voller Tatendrang und Vorfreude auf das lange Kletterabenteuer sinken wir ins Bett. 




Früh am Samstag geht es los. Um 7.45 Uhr starten wir den Aufstieg, um 9 Uhr befinden wir uns am Einstieg des Steigs und legen Gurte, Helme und Klettersteigsets an. Der Steig quert zunächst eine längere Zeit, bevor es steiler und luftiger wird, endlich klettern! Doch wir sind längst nicht die einzigen, die heute diesen Klettersteig machen wollen und es entstehen ab und zu kleinere Wartepausen. Naja, dann nutzen wir die Pausen eben für Bilder und Videos 😉. Der Steig ist mit insgesamt 216 Meter Leitern und über 2000 Meter Stahlkabel versehen. Als Erlebnis belohnt er mit dem eindrucksvollen Panorama der Walliser Alpen. Ein tolles Highlight ist die ca. 100 Meter lange natürliche Höhle, die durchquert wird und in welcher im Winter die Lawinen ins Tal donnern. Hier kommt auch ein Wasserfall runter und die leichtere Variante des Steigs führt darunter hindurch. Danach geht es steil weiter, das Wetter spielt super mit und wir bekommen viel Sonne ab. Kurz vor dem Gipfel erwartet uns die letzte lange Leiter, dann stehen wir um ca. 16 Uhr auf dem Gipfel des Daubenhorns.















Ein unglaubliches Panorama mit Blick auf das zu querende Schneefeld, auf den Wildstrubelgletscher und den Steghorngletscher und auf die umliegenden Berge. Wir genießen die Ausblicke und das Gefühl, den längsten Klettersteig der Schweiz gemeistert zu haben. Dann machen wir uns auf und starten den 1600 Tiefenmeter langen Abstieg. Großen Spaß haben wir bei der Durchquerung des Schneefelds, dann geht es weiter auf steinigen Pfaden und später durch ein flaches Tal mit den Ausläufern des Gletscherbaches. Kurz vor Erreichen der Bergbahn durchqueren wir noch gelb-blühende Blumenwiesen mit Schafherden. Dann entscheiden wir uns dazu, den Abstieg auch noch in Angriff zu nehmen, nur einer ist kniegeplagt und freut sich auf die Fahrt mit der Bergbahn. Um ca. 19 Uhr stehen wir wieder unten am Parkplatz (bzw. sitzen oder liegen). Die beinahe zwölf-Stunden-Tour hat uns gefordert, aber nicht überfordert. Dennoch sind wir richtig platt und freuen uns auf ein ordentliches Abendessen und (ein) Belohnungsbier.












Der Sonntag steht eher im Zeichen der Heimfahrt und Erholung. Als kleinen Stopp halten wir noch an einem Steinbruch, der nun als Klettergarten genutzt wird. Hier klettern wir gemütlich oder liegen im Schatten und genießen das Faulenzen. Das Fazit lautet für alle gleich: Das war ein mega Bergwochenende mit einer tollen Truppe, bestem Bergwetter und spannenden Touren. 

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